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7. Zürich Marathon, 26. April 2009

29.04.2009 Laufbericht
7. Zürich Marathon, 26. April 2009

Bericht von Bernhard Vögeli

Der Zürich Marathon 2009 wird wohl vielen, nicht nur wegen der erreichten Leistung, sondern auch wegen der ganz speziellen Streckenführung in Erinnerung bleiben. 

ImageEinmalig startete der Lauf  bei Zürich Manegg, führte durch eine der beiden Röhren des neuen Üetlibergtunnels, zum Wendepunkt und durch die gleiche Röhre wieder zurück - dann an der Saalsporthalle vorbei, zum See, dem rechten Seeufer entlang, wieder wie üblich bis nach Meilen und zurück in die Stadt. Die Schlaufen in der Stadt Zürich entfielen diesmal. Das Ziel war wie gewohnt in Zürich Enge.

Der Wecker klingelt bereits um 4 Uhr. So kann ich ausgiebig frühstücken und erwische den ersten Zug. Das Thermometer in Buchs zeigt bereits etwas über 15°C. Ein kurzer Blick ins Internet zeigt, auch auf den Zürichberg war’s um 3 Uhr  bereits 12°. Was für ein Unterschied zu den 3° vor 2 Jahren.

Als Kleiderdepot dient in Zürich jeweils ein Postzug mit Containern. Weil diesmal Start und Ziel nicht am gleichen Ort waren, hatte die cleveren Lösung ihren besonderen Vorteil. Der Zug stand zuerst in Startnähe und fuhr dann zum üblichen Ort beim Ziel. Also kein Suchen nach alten Klamotten, die man am Start zurücklässt, wie andererorts.

ImageVor dem Start ist der Himmel bedeckt, die Sonne wird sicher noch kommen - hoffentlich nicht so bald - denn es ist ein warmer Tag angesagt. Das Tenu ist klar, kurze Hosen und das schöne Finisher-Shirt vom letzten Jahr. Kleider abgeben und los zum Start. He – das sieht ja aus wie vor einem Berglauf – im Zickzack geht es über einen Weg hinauf zur neuen Autobahn bis zum Start vor dem Tunnel. Auch hantiert da noch einer mit einem Alphorn.

ImageMehr als 5000 Startende und deren Begleiter füllen auch eine neue Autobahn ganz schön. Ich suche mir einen Pacemaker, der die Zeit läuft, die ich etwa anpeile und nehme mir vor, ihn bis gegen den Schluss auf keine Fall zu überholen. Ich bin gespannt auf die Kilometer im Tunnel. Zuerst war ich von der Idee, 2 x 4.43 km durchs Tunnel gar nicht begeistert, aber jetzt freute ich mich auf die einmalige Gelegenheit - fast so, wie wenn wir Läufer das Eröffnungsband durchschneiden dürften.

Start – rein in die hell erleuchtete, blitzblanke Röhre. Da ist auch schon wieder das Alphorn – ein Carbon-Alphorn, es zeigt mit dem Mundstück Richtung Tunneldecke, getragen von einem Läufer!

Viele jubeln und wollen auf den ersten Metern zur „Musik“ beitragen. Die Läufer füllen den 3-spurigen Tunnel auf der ganzen Breite. Die Strecke steigt leicht aber stetig (ca. 60m). Bald beginnt man etwas zu schwitzen. Wie von mir erwartet, ist es im Tunnel relativ warm, aber die Luft bleibt gut. Dann ertönt Ländlermusik; eine Kapelle unterhält die Läufer mitten im Tunnel. Verstärker braucht sie keine, nur vom Applaus der Läufer wird sie manchmal übertönt. Plötzlich, lautes Gehupe, die Spitze der Läufer kommt uns entgegen. Es wird enger, denn wir müssen uns jetzt die 3 Spuren in beiden Richtungen teilen. Macht nichts, wir sind sowieso zu schnell. Die Spitze wird kräftig angefeuert, was im Tunnel noch lauter tönt.

Kurz vor dem Tunnelausgang tönt Musik aus einer Lautsprecherbox und eine Gruppe Jugendlicher ist in schönen Ballkleidern am Tanzen. Es ist ein angenehmer Luftzug zu spüren. Raus aus dem Tunnel, die Wende und den selben Weg wieder zurück. Jetzt sind wir endgültig zu schnell, das sagt der Pacemaker und ich kann es nur bestätigen. Solange es abwärts geht, lassen wir es aber laufen. Nochmals vorbei an der Ländlerkapelle und schon bald sind wird raus aus dem Tunnel. Das hat sich angefühlt wie die kürzesten 9km die ich je gerannt bin.

Der Pacemaker versucht jetzt zu bremsen. Die meisten sollen es gar nicht bemerken. Die im Tunnel zu schnell gelaufenen Kilometer sollen so gut wie möglich kompensiert werden. Da – der Läufer mit dem Alphorn, er spielt auf seinem Instrument. Dann packt er es wieder und holt die verlorene Position wieder ein. Ich werde ihn noch ein paar Mal sehen.

ImageDem See entlang, kreuzen wir die Spitze erneut. Wir sehen die dunkelhäutigen Läufer und mit ihnen in der Spitzengruppe den Sieger vom letzten Jahr. Bei den Frauen sind die spätere Siegerin und ihre Landsfrau, die im Ziel zweitplatzierte, voraus. Einiges später kommt mir dann auch noch mein Bruder (mit der Startnummer 666!) entgegen.

Bei der Wende in Meilen, wo auch dieses Jahr eine kleine Steigung zu bewältigen ist, geht es mir noch gut. Ich bin vor dem Pacemaker, lasse mich aber wieder hinter ihn zurückfallen. Schön ist, dass wir bereist 27 km geschafft haben und nicht erst die Hälfte erreichen werden, wie in den Jahren mit der üblichen Strecke. Bei der nächsten Verpflegung genehmige ich wieder etwas mehr als die andern, die in der selben Gruppe laufen. Ich holte sie dann immer problemlos wieder ein; nur diesmal folgt eine klitzekleine Steigung und das Aufholen gelingt mir nicht. Die lange Gerade Richtung Quaibrücke wird immer länger und ich wünsche mir schon fast ein Stück vom sonst jeweils verwünschten Zickzackkurs zurück um ein paar langsamere Läufer kreuzen zu können. Die beiden „Cola-Stationen“ zum Schluss des Laufes haben den erhofften Effekt und so bin ich mit den letzten 4 km und vorallem mit den letzten 1000m wieder zufrieden. Eine Steelband hebt die Stimmung zusätzlich. Später sehe ich auf der Rangliste, dass ich sogar im letzten Viertel Ränge gut gemacht habe, und nicht verloren, wie ich dachte.

ImageAch ja: Meine Zeit 4:20:35. Das sind zwar etwa 6 Minuten mehr als vor einem Jahr. Was soll’s, denn noch einen Vorteil hatte die Strecke dieses Jahr, sie lässt sich nicht ganz mit der üblichen vergleichen. Und schliesslich: Sollte ich ständig trainieren oder den Winter mit dem vielen tollen Schnee zum fleissigen Skifahren nutzen? Auch ich habe meine schöne Medaille – auch das ein Pluspunkt für Zürich (auf deren Rückseite dieses Jahr Angaben zu Küsnacht, mit der populärsten Einwohnerin Tina Turner) und ein neues Laufshirt als Finisher.

Der Alphorn-Spieler-Läufer war wohl Jeff Grant aus Rüschlikon mit einer Zeit von 4:28:44. Eine gute Zeit, denn mit einer Hand musste er immer das Alphorn tragen. Es wiegt 1 Kilo. Ich hatte es im Zielgelände kurz in der Hand, ein tolles Instrument.

Noch etwas hat Zürich zu bieten: Eines der schönsten Zielgelände; direkt am See. Einfach toll, sich nach dem Lauf in der Festwirtschaft zu verpflegen und die schöne Aussicht über den See mit Blick auf die Stadt und die Alpen zu geniessen.

Schade, dass ich diesmal den Lauf-Treff alleine vertreten habe, denn die Strecke bot wirklich ein einmaliges Erlebnis.

Den Lauf gewonnen hat der in Uster wohnende Tadese Abraham (gemäss Speaker bei der Siegerehrung ist Abraham der Nachname, was immer wieder verwechselt werde). Zweiter wurde der letztjährige Sieger. Die Spitze war etwa eine Minute schneller als vor einem Jahr, aber immer noch etwa 2 Minuten langsamer als Viktor Röthlin bei seinem Rekordlauf vor 2 Jahren.

Der Marathon wurde auch als Schweizermeisterschaft gewertet: Tarcis Ançai konnte seinen Titel vom letzten Jahr verteidigen. Die Schweizermeisterin Patricia Morceli unterbot die Limite für die Marathon WM in Berlin deutlich. Bernadette Meier-Brändle, die Silbermedaillen Gewinnerin und gesamt 7. blieb 34 Sekunden über der WM-Limite von 2:43:00.

Herren - Elite2:10.09
1. Abraham Tadese, 1982, ERI-Eritrea 2:10.12
2. Kulkov Oleg, 1978, RUS-Russland2:10.21
3. Eticha Tesfaye, 1974, ETH-Ethiopia 2:21.29
bester Schweizer: 16. Tarcis Ançay (St. Jean) 
 
Damen - Elite 
1. Rosseeva Olga, 1981, RUS-Russia 2:32.17
2. Kireeva Elza, 1979, RUS-Russia  2:33.13 
3. Tarekegn Getaun Etaferahu, 1980, ETH-Ethiopia2:34.05
beste Schweizerin: 5. Patricia Morceli (Cham)2:38.442:38.44

Angemeldet waren total 5893 Läufer, davon sind 5018 gestartet und 4790 im Ziel angekommen. Organisation und Verpflegung waren gewohnt perfekt. Dass an allen Verpflegungsstellen Mineralwasser in geöffneten Petflaschen gereicht wurde, schätzten viele und brauchenn einiges davon auch zum Kühlen. Im Zielgelände gab’s auch ein Duschzelt mit warmem Wasser für alle.

Besten Dank an die vielen freiwilligen Helfer und die Zuschauer mit ihren Anfeuerungsrufen! Ich komme nächstes Jahr wieder!

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