Auf dem Weg in die Ferien sind Urs und ich vor drei Jahren über den Grossen St. Bernhard in die Provence gefahren und Trailläufern des Trail Verbier St-Bernard begegnet. Eine tolle Strecke und Atmosphäre für einen solchen Lauf fand ich - und am Samstag, 12. Juli 2025, um 9:00 Uhr stand ich selbst in La Fouly am Start. Kategorie 100K mit dem schönen Namen X-Traversée: 76 km von La Fouly nach Verbier, mit 5 Pässen und etwas mehr als 5200 positiven Höhenmetern. Bergab waren es noch ca. 100m mehr, da Verbier ja tiefer liegt als La Fouly.
Vermutlich bin ich etwas verrückt und ich wusste nicht, ob ich es schaffe und ob das Training, das mir möglich war, ausreichen würde- aber ich wusste, dass ich es versuchen wollte. In einem der letzten Mails von den Veranstaltern wurde John Bingham zitiert: The miracle isn’t that I finished. The mircale is that I had the courage to start. Dieser Spruch hat mich sehr angesprochen und vor allem die letzten Tage vor dem Start begleitet, als der Respekt immer grösser wurde. Jetzt bin ich aber auch stolz, dass ich es geschafft und die Ziellinie glücklich und gesund überquert habe.
Es war ein besonderes Erlebnis mit vielen Eindrücken, perfekten Wetter- und Trailverhältnissen, einer wunderschönen Abendstimmung und, weil ich so lange unterwegs war, auch den ersten Sonnenstrahlen am Sonntag. Die Nacht hatte genauso ihren Reiz, weil man dank der «aufgereihten Stirnlampen» schon lange im Voraus wusste, wo es lang geht - und vor allem beim letzten Anstieg, auch «the wall» genannt, hat man anhand der Lichter immer wieder realisiert, dass man noch lange nicht oben war …
Es war mir von Anfang an klar, dass ich die 190m lange Hängebrücke zur Panossière, den Gletscher Corbassière und die Kulisse des Grand Combin nicht bei Tageslicht erleben würde - dafür muss ich wohl mal einen separaten Ausflug planen. Ein Erlebnis war die Hängebrücke aber auch im Dunkeln.
Der Lauf selbst? Am meisten Mühe hatte ich wohl am Anfang, während der ersten 12km bis zum Grossen St.Bernhard. Da war der Kopf vermutlich noch im üblichen Wettkampfmodus, was bei so einem Lauf nicht funktioniert. Erste kleinere Krämpfe hatte ich auch schon, wie sollte das nur weitergehen. Dann habe ich aber in einen guten Modus hineingefunden und ich lief einfach eine Etappe nach der anderen, so wie ich es mir vorgenommen hatte. Der grosse St.Bernhard, Bourg St Pierre, Cabanne de Mille, Cabanne Brunet, La Pannossiere, Lourtier und La Chaux, bevor es schliesslich nach Verbier hinunterging. Ich wusste ungefähr, wann mit welcher Steigung zu rechnen war und wann die langen Abstiege kamen.
Es ist eine ganz andere Atmosphäre als bei anderen Trailläufen, an denen ich bisher teilgenommen habe. Entspannter und ruhiger. Und das war auch schon beim Start spürbar. Es ging den Wenigsten darum, möglichst schnell wegzukommen und der oder die erste zu sein, dafür war die Distanz einfach zu lang. Das Rennen war sehr gut organisiert, es hatte ausreichend Verpflegungsstellen mit genügend Essen und Getränken für alle und überall nette und hilfsbereite Helfer und Helferinnen. Die Wege waren perfekt markiert und ich musste nie die Route auf meinem Handy kontrollieren oder suchen.
Am Ende wurde ich mit einer Zeit von 22:33:26 in meiner Alterskategorie zweite von vier Frauen, die gefinisht haben. Erste wurde Jane Grundy, Deutschland mit einer Zeit von 19:38:34. Insgesamt sind 1464 Läufer und Läuferinnen beim X-Traversée gestartet, 309 davon haben es nicht in der geforderten Zeit ins Ziel geschafft oder haben früher aufgegeben. 1156 Finisher haben die Ziellinie überquert.
Die Schnellsten:
1. Frau: Caroline Chaverot, Frankreich, Laufzeit 11:08:56
1. Mann: Aurelien Dunand Pallaz, Frankreich, Laufzeit 09:08:55
Der Trail Verbier St-Bernard hat 4 Strecken zur Auswahl: von 140 km (9193 M+) bis 28 km (1700 M+). Mehr Infos dazu findet man auf der Webseite: https://verbier.utmb.world
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